Fronleichnam

Drei Pfarren – Ein Fest
Monstranz

Eine „Demonstration Gottes“
Oder: Warum katholische ChristInnen Fronleichnam feiern

Wer das Fest nicht kennt, der könnte am zweiten Donnerstag nach Pfingsten verwundert aus dem Fenster schauen, wenn eine Schar von Gläubigen singend und betend an seinem Haus vorbeizieht. Fronleichnam, im Kirchenkalender offiziell "Hochfest des Leibes und Blutes Christi" genannt, ist einer der volkstümlichsten und buntesten Feiertage im Kirchenjahr – und viele sind gerade in einer Großstadt wie Wien tatsächlich sehr verwundert: Ist es nicht irgendwie überholt und unzeitgemäß, wenn katholische Pfarren an diesem Tag mit der Messe unter freiem Himmel und der anschließenden Prozession ihren Glauben öffentlich „demonstrieren“?

Das Wort "Fronleichnam" stammt aus dem Mittelhochdeutschen und setzt sich aus "vron" (Herr) und "lichnam" (lebendiger Leib) zusammen. Das Fest hat also nichts mit der Leiche Jesu zu tun, sondern die Kirche erinnert sich an diesem Tag an die Einsetzung des sogenannten Altarsakramentes. In der Eucharistie feiern die Katholiken die Gegenwart Jesu in Form von Brot und Wein, die Jesus beim letzten Abendmahl am Gründonnerstag gestiftet hat. Wegen der stillen Karwoche, zu der fröhliche Straßenumzüge nicht passen, wählte man den zweiten Donnerstag nach Pfingsten als Datum. Und der „lebendige Leib Christi“, das ist die Kirche, also die Menschen, die heute an Gott glauben und mit ihm unterwegs sind.

Zu Fronleichnam treffen sich die Pfarren traditionell zu einem Gottesdienst (einer „Feldmesse“) mit anschließender Prozession. Dabei begleiten wir den Leib Christi in Form der Hostie durch die Straßen unseres Bezirks. Die Hostie befindet sich in einer Monstranz, einem kostbar verzierten liturgischen Gefäß, geschützt durch einen Stoffbaldachin, auch "Tragehimmel" genannt. Die Gemeinde geht mit, trägt Fahnen, singt kirchliche Lieder und hält an verschiedenen Segensaltären. Mit der Fronleichnamsprozession knüpfen die Christen an die lange katholische Tradition der Flurumgänge an, bei denen Gläubige ihre Felder, Wälder und später auch Städte segneten.

Fronleichnamsprozessionen gibt es im deutschen Sprachraum seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Im Mittelalter hat sich der Brauch vielerorts weit verbreitet. In der Reformation war das Fest jedoch auch Anlass für bitteren konfessionellen Streit. Martin Luther nannte Fronleichnam das "allerschädlichste Jahresfest". Da das Fest keine biblische Erwähnung findet, war es in den Augen Luthers und seiner Anhänger eine Form von Gotteslästerung. Der Streit zwischen Katholiken und Protestanten soll sogar so weit gegangen sein, dass protestantische Bauern ihren stinkenden Kuhmist extra zum Fronleichnamsfest auf die Felder gestreut haben. Doch mit den Jahrhunderten ist der konfessionelle Streit um Fronleichnam einem toleranteren Umgang gewichen. Selbst auf evangelischen Kirchentagen gab es in den vergangenen Jahren mehrfach gemeinsame Fronleichnamsprozessionen. Heute beten wir am Fronleichnamsfest auch ganz besonders für die Überwindung der Kirchenspaltung.

Wenn wir heute am Fronleichnamsfest unterwegs sind, bitten wir um den Segen für die Stadt und alle ihre Bewohner, egal ob sie ChristInnen sind, anderen Religionen angehören oder gar nichts glauben. Daher tragen wir das Kostbarste und wertvollste – nämlich Jesus Christus selbst in Form des eucharistischen Brotes – durch die Straßen. Wir zeigen damit unser Vertrauen darauf, dass Gott mit uns und allen Menschen unterwegs ist.

Die Pfarren des achten Wiener Bezirks wünschen Ihnen einen gesegneten Fronleichnamstag!

(Gregor Jansen unter Verwendung eines Beitrags der Website „katholisch.de“)

Fronleichnamszug 1982
Fronleichnam hat eine sehr lange und alte Tradition. Hier eine Fronleichnamsprozession in der Maria-Treu-Gasse im Jahr 1902 © F.J.Biba
Prozession
In der Prozession begleiten wir den Leib Christi durch die Straßen unseres Bezirkes. Wir tragen das Kostbarste und wertvollste, nämlich Jesus Christus selbst durch die Straßen.
Monstranz
Die Hostie befindet sich in einem verzierten liturgischen Gefäß, das Monstranz genannt wird (lat. monstrare = zeigen).